Kuh & Kalb und ganz viel (Geschwister)Liebe!
Ein Rind gibt Milch, sobald es das erste Kalb geboren hat. Dann wird eine Färse zur Kuh und die erste Laktation startet.
Im Laufe einer Laktation verändert sich die Milchmenge und die Zusammensetzung der Milch. Anfangs ist das Kolostrum sehr fett und enthält viele Immunglobuline, um dem Kalb einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Diese Milch wird nie in Verkauf gebracht, sondern gehört dem Kalb.
Unsere Kälber dürfen nach der Geburt mit ihren Müttern zusammen bleiben und selbständig am Euter trinken. Dabei trinken sie ad libitum, d. h. so viel und so oft und wann sie wollen. Werden sie älter, gibt es bestimmte Milch- und Kuschelzeiten.
Das Milch-Dilemma startet…
Zusätzlich zu den Mahlzeiten des Kalbes melken wir die Kuh zweimal am Tag. Diese „Restmilch“ landet im Milchtank und wird verkauft. Ganz klar landet nun viel weniger Milch im Tank, die wir allerdings trotz maximalem Tierwohl (noch) nicht zu einem höheren Preis verkaufen können…
Bis ca. 100 Tage nach der Kalbung steigt die Milchmenge der Kuh an, damit das Kalb im Wachstum gut versorgt ist. Dann ist die Höchstmenge der Laktation erreicht. Die restliche Laktation sinkt die Milchmenge kontinuierlich. Zu diesem Zeitpunkt hat die Milch schon länger nicht mehr den Fettgehalt der ersten Tage. Sie hat die übliche weiße Farbe.
Mit spätestens 350-400 Tagen nach der Kalbung gibt die Kuh nur noch so wenig Milch, dass es sich nicht mehr lohnt, sie zu melken – sie stellt sich selbst trocken und wird somit viel mehr kosten als einbringen.
…ohne Kalb gibt’s keine Milch
Nach der Geburt eines Kalbes setzt bei der Kuh nicht nur die Milchbildung sondern nach einigen Tagen bis Wochen auch der Zyklus wieder ein. Wie bei der Frau kommt es zum Eisprung und die Hormone ermöglichen eine erneute Schwangerschaft bzw. Trächtigkeit. Dabei ist es wie bei Mensch und Tier kein Hindernis, wenn weiterhin gesäugt wird.
Unsere Kühe werden zwischen 60-70 Tage nach der Kalbung und je nach Zyklus erstmals besamt, sofern sie Brunstverhalten wie beispielsweise Aufspringen zeigen.
War die Besamung erfolgreich, bekommt die Kuh ca. 9 Monate später wieder ein Kalb. Bis dahin wird sie kontinuierlich weniger Milch produzieren, bis sie schließlich ca. 8 Wochen vor der Geburt trocken gestellt und nicht mehr gemolken wird. Das ist die Vorbereitung auf die Kalbung und ähnlich dem Mutterschutz.
Schluss mit dem Dilemma! Geschwister gehören zusammen!
Wir haben uns im Frühjahr 2020 entschieden keine (Stier-)Kälber mehr zu verkaufen.
Natürlich wird auch nicht jedes Kuh-Kalb eine Milchkuh, sonst würde unsere Herde irgendwann verdoppelt. Dafür haben wir weder Platz, noch Futter, noch das Bedürfnis immer noch mehr Milch zu erzeugen.
Allerdings sehen wir uns als Milcherzeuger vom Niederfelder Biohof in der Verantwortung allen Kälbern ein gutes Leben zu bieten. Kein Kalb kann sich entscheiden, ob es männlich oder weiblich geboren wird, ob es eine Milchkuh wird oder nicht. Aber wir als Tierhalter können uns dafür entscheiden, wie und wo sie leben!
Deshalb wird jedes Kalb, das bei uns geboren wird, auch bei uns aufwachsen. Jedes Kalb wird die gleichen Bedingungen erfahren, egal ob Kuh- oder Stierkalb!
Alle Kälber haben die Möglichkeit an den Kühen zu trinken, Vollmilch zu erhalten und im Herdenverbund aufzuwachsen!
Wir können uns nun über jedes neugeborene Kalb gleichermaßen freuen, denn keines der Kälber wird viel zu billig verkauft werden. Das ist zwar auf der einen Seite ein sehr befreiendes Gefühl, aber auf der anderen Seite lastet natürlich auch eine große Verantwortung auf uns. Unsere Aufgabe ist es, die Rinder später zu einem fairen Preis an bewusste Verbraucher zu vermarkten. Deshalb stecken wir viel Zeit in die Aufklärung über unsere Initiative und üben uns in Geduld.
Warum wir umdenken wollen, müssen und aktiv handeln!
Wir sehen uns in der Pflicht ein System zu durchbrechen, das eindeutig viel zu große Schwächen hat.
Kein Kalb sollte im Alter von ein paar wenigen Wochen Transporte, Herdenwechsel und Stress erfahren müssen!
Wir sagen „Ja“ zur Milch und das bedeutet im selben Atemzug „Ja“ zur Aufzucht der Geschwistertiere!
Wer Milch trinkt, sollte auch Fleisch essen!
Bestenfalls das Fleisch dieser Geschwistertiere.
Es wird kaum verwunderlich sein oder zur Debatte stehen, dass die Aufzucht, Fütterung und Pflege von Tieren viel Geld kostet!
Was uns allerdings neben der Kostendeckung sehr am Herzen liegt, ist eine Vermarktung der Geschwistertiere zu einem fairen Preis, denn kein Tier hat es verdient unter Wert „verramscht“ zu werden!
Mit dem Kauf der Milch aus kuhgebundener Kälberaufzucht und dem Fleisch der Geschwistertiere, wie es unser Betriebskonzept auf dem Niederfelder Biohof vorsieht, können wir den Tieren nicht nur zu Lebzeiten ein gutes, würdiges Leben ermöglichen, sondern vor allem auch der Schlachtung einen Sinn geben!
Oder einfach gar nichts von allem?
Zu guter Letzt‘ wollen wir natürlich auch noch den Weitblick schärfen. Würden keine tierischen Erzeugnisse – in unserem Fall Milch und Fleisch – erzeugt und konsumiert werden, würde es über Kurz oder Lang aus Kostengründen auch keine Kühe bzw. Rinder mehr geben.
Fleisch und Milch darf in Maßen zu einer gesunden, ausgewogenen Ernährung gehören und muss zu einem fairen Preis ver- bzw. gekauft werden.
Ein „Ja“ zum Bauernhof bedeutet auch ein „Ja“ zu fairen Preisen für dessen Bewohner und Bewirtschafter!
Teilt uns gerne eure Sichtweise mit, wir freuen uns über eure Meinung!
Euer
Finde ganz toll, was ihr da macht. Total interessant. Auch für mich altes Bauernkind.
Ingrid Parden
Ich finde euer Konzept ganz toll. Ich zahle sehr gerne einen höheren Preis für das Fleisch, wenn ich weiß , dass die Tiere ein schönes artgerechtes Leben haben. Weiter so…